entstehung    

Die spröde Schönheit der Ebene

Helge Meyer singt wieder und legt mit Michael Schnell das Album „Where arrogant Wind blows“ vor

Von Florian Arnold 

WOLTWIESCHE. Eigentlich hatte Helge Meyer seine musikalischen Ambitionen schon ad acta gelegt. „Ich hatte keine Lust mehr, in irgendwelchen Proberäumen zwei von vier Stunden damit zu verbringen, mich über einzelne Songzeilen zu streiten.“ Dann bekam er zufällig ein Demoband von Michael Schnell in die Hände. Seitdem arbeitet einer der kreativsten und eigenwilligsten Köpfe im Kreis auch wieder mit dem Mikro.

In den 90er-Jahren hatte Meyer als Frontmann von „Concrete Underpass“ mit alternativem Rock und schrägen, intensiven Bühnenshows für Aufsehen in der Szene der Region gesorgt. Ab und an kreuzten sich die Wege in Konzertsälen mit denen von „[Tse:]“ aus Salzgitter, bei denen Michael Schnell die Bassboxen vibrieren ließ. Man kannte sich und schätzte sich, so weit, so gut.

Nach der Auflösung von „CU“ lieh Meyer 1999 „Blank“ sein Stimme. Es ging gut los und endete 2001 eher knirschend. Der 35-jährige Familienvater konzentrierte sich nun auf seine Karriere als Performance-Künstler, organisierte mit Partner Marco Teubner (München) 2002 ein Performance-Festival in der Ilseder Gebläsehalle. Und tritt selbst zwischen Shanghai und Montreal auf mehr oder weniger unkommerziellen Happenings auf.

Ganz anders Michael Schnell. Seit der Auflösung von „[Tse:]“ 1996 arbeitet der EDV-Fachmann tagsüber ganz bürgerlich bei der Berufsfeuerwehr Salzgitter. Und bastelt abends im Heimstudio an seinem musikalischen Kosmos. Anfang 2003 war Schnell mit einer Reihe von Songs so zufrieden, dass er sie Helge Meyer zukommen ließ. Und der bekam plötzlich wieder Lust zu singen.

Schnell und Meyer sind Perfektionisten. Erst nach zwei Jahren Produktionszeit haben sie nun unter ihren Künstlernamen A. Kain und Migel das Album „Where arrogant Wind blows“ veröffentlicht. Keine CD, die beim ersten Hören aggressiv überwältigt wie einst „Concrete Underpass“. Statt dessen Songs, die zunächst so still, melancholisch und unspektakulär wirken wie norddeutsches Flachland im November. Wer näher hinhört, entdeckt ausgefeilte Gitarrenarrangements, Melodien von spröder Schönheit, den Reiz einer sehr eigenen, kühlen Klangwelt.

Meyer und Schnell sind sich klar, dass sie eher ein Album für Liebhaber produziert haben als eins für Radiomacher. „Wir sind alt genug, das einzuschätzen zu können. Uns war es wichtig, so gut wie möglich zu verwirklichen, was in uns angelegt war“, erzählt Meyer. Live-Auftritte sind nicht geplant. „Uns fehlt die Zeit, und uns fehlen Musiker, die auf einer Wellenlänge mit uns liegen.“ Statt dessen haben Meyer und Schnell bereits mit der Arbeit fürs nächste Album begonnen.

Quelle: Braunschweiger Zeitung (Peiner Nachrichten) 15.01.2005